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Curt Heigl, ehemaliger Direktor der Kunsthalle in Nürnberg schreibt:

 

Eröffnung: Clemens Heinl - Bildhauer Firmenpositionierung ARTWARE - KUNST IM BÜRO

 

Lieber Freund von Vopelius,

sehr geehrter Herr Leich,
sehr geehrte Damen and Herren
und nicht zuletzt begrüße ich den Künstler Clemens Heinl sehr herzlich.

Es ist nicht alltäglich, dass mit Werken eines jungen Bildhauers eine neue Vereinigung zwischen Kunst and Kommerz
genannt ARTWARE - KUNST IM BÜRO aus der Taufe gehoben wird.

Im allgemeinen ist es die Malerei, der Reiz und die Sinnlichkeit der Farbe und manchmal auch das Thema eines Bildes oder einer Grafik der der Vorzug gegenüber der spröderen and oft schwerer erfassbaren Skulptur gegeben wird.

Daher darf ich Ihnen gratulieren, dass Sie den Bildhauer Clemens Heinl für Ihre erste Ausstellung ausgewählt haben.

KUNST IM BÜRO halte ich für sehr wichtig, da viele Menschen einen Großteil ihres Lebens im Büro und vor einem flimmernden Computer verbringen müssen.

Einen guten funktionierenden Bürostuhl, mit Leber oder farbigen Textilien bezogen, mit einem formschönen praktischen Schreibtisch kombiniert, kennen wir mit Klassikern oder neuen Modellen.

Gute Bilder an der Wand oder eine ausdrucksstarke Plastik im Büro, Empfangs- oder Sitzungsraum sind schon seltener anzutreffen. Meist sind es farbige Kalender, manchmal werden die B1ätter auch schon gerahmt an die Wand gehängt. Und auf den Schreibtischen grüßen meist kleine zierliche verspielte Figürchen, die mit Kunst kaum Berührung hatten.

Sie haben die Aufgabe übernommen, Kunst ins Büro zu bringen und damit eine anregende und zugleich entspannende Umgebung innerhalb der Arbeitswelt zu schaffen. Dazu wünsche ich Ihnen und den Künstlern heute schon den verdienten Erfolg.


"Dass es heute Bildhauer gibt, die Weltruhm genießen, deren Tätigkeit sich im Blickfeld eines allgemeinen Interesses von Seiten der Öffentlichkeit abspielt, ist ein noch kaum gewürdigtes Phänomen", schreibt E. Hüttinger im Katalog zur großen Ausstellung der Werke Marinis 1962 in Zürich.

Man muss dieses Phänomen vor die Folie des 19. Jahrhunderts und der ersten Hä1fte des 20. Jahrhunderts stellen, um ermessen zu können, inwiefern es eine Veränderung der Situation der Künste anzeigt.

Die Verlagerung des öffentlichen Interesses auf die Werke der Bildhauerei kann als eine Spiegelung der Veränderung der Stellung der Künste zueinander aufgefasst werden, wenn auch etliche Verzerrungen einzurechnen sind.

Das 19. Jahrhundert stand durchwegs im Banne der Malerei, die künstlerisch wesentlichen Entscheidungen werden dort geleistet, wahrend die Plastik eine Krise durchmachte wie nie zuvor.

Erst mit Rodin vermochte die Plastik wieder Wesentliches der Zeit aufzunehmen and auszusagen. Doch behielt die Malerei ihre Führerrolle weiterhin, die wesentlichen Umbrüche geschahen in der Malerei, die "Moderne Kunst" wurde von Malern geschaffen. Man hat dabei immer bemerkt, die Erneuerung der Plastik sei von den großen Malern gleich mitgeschaffen worden.

In der Tat hat praktisch jeder bedeutende Maler sich mehr oder weniger intensiv mit der Plastik beschäftigt; zu erinnern wäre an Degas, Matisse, Picasso and Braque u. a.

Die Feststellung über die Erneuerung der Plastik trifft sicher zu. Nur muss man beachten, dass der ganze Sachverhalt auch umgekehrt interpretierbar ist.

Wir haben zu fragen:
Was bedeutet diese ungewöhnliche Interessiertheit der Maler für plastische Probleme? Wohl stand die Plastik nur im zweiten Rang, doch ist die lntensität mit der die Maler sich mit der Bildhauerkunst auseinandergesetzt haben, auffallend genug. Die Zuwendung zur Plastik konnte daher als Symptom einer sich abzeichnenden Verlagerung des Interesses von der Malerei auf die Skulptur gewertet werden.

Insbesondere liegt dies nahe, nachdem in den 50iger Jahren die öffentliche Aufmerksamkeit sich eindeutig den plastischen Werken zugewandt hat, was sich in den nahezu gleichzeitigen Erfolgen der
"Reinen Bildhauer":

Marini
Moore
Calder und
Ciacometti  manifestiert.

Wohl haben wir im einen Fall auf das Interesse der Künstler, im anderen auf das Interesse des Publikums geachtet, doch scheint mir dies hier gerechtfertigt zu sein, da man ja nicht der Meinung sein kann, die beiden Bereiche würden sich nicht gegenseitig beeinflussen. Im Erfolg der Bildhauer zeigt sich Wesentliches: dass uns nämlich die Plastik wieder "angeht".

Die Bedingung für den Erfolg ist, dass die Zeit sich selbst bzw. ihre wesentlichen Probleme in den Werken wieder „angeht“.

Plastische Objekte beanspruchen das Hauptinteresse sowohl der Künstler wie der Öffentlichkeit, and die Malerei bzw. die Farbe wird für diese Objekte eingesetzt. Es ist eine andere Frage ob man an der alten Einteilung der Künste noch festhalten will oder kann.

Ich glaube, dass heute jede Einengung aufgehoben ist, Maler schaffen Plastiken and Installationen, umgekehrt malen Bildhauer. Die starren Grenzen sind verwischt, ich nenne als Beispiel für viele Künstler stellvertretend
Georg Baselitz.

Viele kennen inzwischen den Künstler Clemens Heinl mit seinen ehrlichen, überzeugenden Holzfiguren, die er aus dem gewachsenen Stamm schlagt and manchmal roh belässt, so dass alle Arbeitsspuren noch deutlich sichtbar bleiben. Oder die Oberfläche der Skulptur wird feiner detailierter bearbeitet und manchmal am Ende eines langen Arbeitsprozesses mit Dispersionsfarbe, die er verdünnt wie eine Beize, farbig behandelt.

Bei diesem Prozess gehen Form and Farbe eine glückliche Symbiose ein und können den Ausdruck einer Skulptur noch wesentlich steigern.

Heinl arbeitet aber auch mit Metall, Kupfer und Bronze.

Das Neuentdecken und Neuerschaffen einer Idee vollzieht sich mit Hilfe oder gegen den Widerstand eines Materials. Über sein Verhältnis zum Material hat Marini im Gespräch aufschlussreich gesprochen:

"Ich möchte sagen, dass mir fast jedes Material gefällt, denn im Grunde genommen genügt es, das Material zu kennen, um die richtige Art seiner Bearbeitung zu finden and das Schönste aus ihm herauszuholen."

"Immerhin sagt mir Marmor am wenigsten zu; er ist kalt and lässt mich frieren. Alles andere z. B. Terrakotta, Holz, Bronze, Stein, inspiriert mich zur Arbeit. Holz ist prachtvoll denn man kann es im Hinblick auf Jahrhunderte bearbeiten. Es ist immer und immer wieder in Arbeit zu nehmen, man kann es bemalen, ein Stück wegnehmen, ein anderes hinzufügen." (Ende des Zitats)


"Warten auf bessere Zeiten" heißt ein bemaltes Holzrelief lebensgroßer Gestalten, von Clemens Heinl mit sicherer Hand und gutem Gespür für die Lebendigkeit der Figur in Holz geschlagen.

Als Künstler braucht der 35jahrige Heinl keineswegs mehr auf bessere Zeiten zu warten, denn seine Holzfiguren and Reliefs zeigen bereits heute eine gestalterische Kraft und formale Reife, zugleich eine feine Sensibilität im Erfassen des Menschlichen, die dem kritischen Betrachter Respekt abnötigt.
(Nürnberger Nachrichten am 23. Oktober 1994)

Wenn man heute Holzbildhauer nennt, so wird man natürlich an Stephan Balkenhohl erinnert.

Stellen wir die beiden Bildhauer mit ihren Werken nebeneinander, so haben sie eine große Gemeinsamkeit, beide arbeiten mit Holz und bemalen zum Teil ihre Skulpturen. Betrachten wir aber die Werke näher and aufmerksamer, so wird deutlich, dass jeder seinen ganz persönlich künstlerischen Weg geht, der Individualität und Selbständigkeit beweist.

Der Bildhauer Heinl unterscheidet sich mit seinen Arbeiten auch dadurch, dass er bei einigen lebensgroßen Holzfiguren Kopf, Hände und Füße modelliert und in Bronze gießen lässt und anschließend mit dem lebensgroßen Holzkörper vereint.

Als Clemens Heinl den Kunstpreis der Nürnberger Nachrichten erhielt, es war der erste Preis 1994, haben wir versucht, in Kurzform sein Werk zu würdigen:

Dies möchte ich Ihnen zum Schluß mit auf den Weg geben.

"Der junge Bildhauer Clemens Heinl demonstriert in seinem Werk eine künstlerische Haltung, die sehr ernsthaft and zeitgemäß zugleich ist. Die Ausdrucksstärke, die er mit der menschlichen Figur erreicht, verblüfft and fasziniert. Formal hervorzuheben ist die sensible und stimmige Arbeit mit dem Element Farbe, das den Holzskulpturen einen ganz eigenen Reiz verleiht und den Ausdruck steigert.

Clemens Heinls Figuren haben etwas menschlich and emotional sehr Anrührendes. Hier paart sich plastische Kraft mit hoher handwerklicher Souveränität und feinfühliger Erfassung humaner Befindlichkeit. Mit seinem Stil besetzt Heinl eine originäre künstlerische Position in unserer Region. Ein junges, höchst viel versprechendes Talent, das man nicht aus den Augen verlieren sollte.“

Ihnen lieber Herr Heinl alles Gute und viel Kraft für Ihre weitere Arbeit.

Dem jungen Unternehmen KUNST IM BÜRO wünsche ich kreative Künstler, verständnisvolle Kunden und viel Erfolg mit der zeitgenössischen Kunst.

Für Sie wie für die Künstler gilt "Der Weg ist das Ziel."

Curt Heigl

16. November 1995